Zwischen Arles und der Rhone-Mündung
Vincent van Gogh strandete wohl der Farben und Landschaft wegen auf einer Reise nach Marseille für einige Monate in Arles. 1888 entstand das Gemälde „Caféterrasse am Abend“ in der letzten Stadt vor der Rhone-Mündung. Arles ist heute gleich dreimal als Weltkulturerbe der UNESCO eingetragen. Das Stadtzentrum mit seinen Bauten aus römischer Zeit, der „Chemin d’Arles“ als Route des Jakobswegs und mit der Camargue als Biosphärenreservat.
Nördlich der Stadt beginnt die so genannte „kleine Rhone“ durch die Camargue zu mäandern bevor sie bei Saintes-Maries-de-la-Mer ins Mittelmeer mündet. Die einzigartige Landschaft der Camargue ist vom sumpfigen Delta, von Brackwasserseen, den salzigen Böden und den starken Mistral-Winden geprägt. Auf den Schwemmlandböden wächst der Camargue-Reis, der in mehreren Sorten angebaut wird. In den Gourmet-Küchen auch außerhalb Frankreichs hat sich der rote Reis aus der Camargue längst etabliert.
Bekannt ist die Camargue vor allem aber durch ihre rosa Flamingos und der weißen Pferde und schwarzen Stiere wegen. Diese leben Sommer wie Winter im Freien auf weitläufigen Weideflächen. Der Gardian ist der berittene Stierhüter. Längst ist das in der Camargue aber kein reiner Männerjob mehr. Immer mehr Frauen finden sich auf den Ranchen der Deltaebene.
Das Fleisch der schwarzen Stiere ist zwar eine Delikatesse, die Arena muss der Camargue-Stier jedoch weniger fürchten als den Teller der umliegenden Restaurants. Im Gegensatz zur spanischen „Corrida“ geht es in den Arenen Südfrankreichs unblutig zu. Die „Courses Camarguaises“ gleicht eher einer Mutprobe junger einheimischer Männer. Sie versuchen den Stier zu überlisten und müssen ihm binnen 15 Minuten zwischen den Hörner mit Fäden befestigte Abzeichen entreißen. Danach trabt der zwar wütende aber unverletzte Stier wieder aus der Arena. Für die Gäste der Tourismusorte wie Saintes Maries finden diese Vorführungen über den ganzen Sommer statt.
Einmal im Jahr ist die dortige Wallfahrtskirche Notre-Dame-de-la-Mer Treffpunkt für Roma aus ganz Europa. Am 24. Mai verehren und feiern sie ihre Schutzpatronin, die schwarze Sara. Die Wallfahrt zieht inzwischen Tausende von Schaulustigen nach Saintes Maries an. Das Abbild der Heiligen ist ganzjährig in der Krypta der Kirche zu sehen. Über eine Treppe gelangt man auf das steinerne Dach der Kirche und genießt faszinierende Ausblicke über die Camargue und das Meer.
Ich ziehe den Herbst als Reisezeit in die Provence und die Camargue vor und genieße die Farben und das Licht der Jahreszeit. Die Abendsonne macht meiner Espressotasse vor der „Bar des Poetes“ in den Gassen von Saintes Maries einen langen Schatten.
Foto und Text: © Jürgen Weber, Querwege