Sieben Preisträger wurden für ihre Leistungen mit insgesamt 8.000 Euro belohnt…

Nach der Begrüßung von Ursula Graf-Boos, die dem Kulturförderkreis Singen-Hegau e.V. vorsteht, und dem Grußwort des Singener Oberbürgermeisters, Bernd Häusler, begann der kurzweilige Abend mit einem Musikstück von Cristina Marton und ihrer Begleiterin, die den Abend vierhändig am Flügel eröffneten.
Stephan Glunk hielt für Cristina Marton die Laudatio und übergab ihr den mit 1.000 € dotierten Preis.

Dr. Anne Overlack hat mit ihren jahrelangen intensiven Forschungen zum Landjudentum in der Region (am Beispiel der Familie Wolf in Gailingen) Außergewöhnliches geleistet. Laudator Wolfgang Kramer gab in seiner Preisrede dem interessierten Publikum weitere Einblicke – und übergab den mit 1.000 € dotierten Preis. Frau Dr. Overlack vertiefte ihren Vortrag mit einigen Fotografien vom Leben der Familie Wolf.

Marcel Da Rin führte mit Kai Azzaoui/heimisch.ex ein spannendes Gespräch über den Heimatbegriff. „Heimisch – Eicheln & Perlen“. Kai und seine Freunde initiierten eine Kunstausstellung im Schlosskeller in Gailingen und komponierten dazu ein eigenes Musikstück… der Preis ist mit 1.500 € dotiert, Kai Azzaoui strahlte…

Siegmund Kopitzki übergab Harald F. Müller den Ehrenpreis ohne Dotierung: eine Skulptur von Antonio Zecca. Farbe ist für Harald F. ein Lebenselixier…. in seinem Begegnungsraum und Arbeitsort „stratoszero“ stehen Gläser mit geschätzt 900 Pigmenten! Im „Industriebahnhof Singen“ kann sich jeder dem roten und weißen Farbrausch hingeben… und an der Wandskulptur SINGEN in unübersehbarem Neonpink fahren Singener täglich mehrmals vorbei…. das monumentale Repro einer bildschönen Frau mit einer Kalaschnikow in den Händen, war lange im Kunst Museum in Singen ausgestellt….

Ricarda Netzhammer hielt die Laudatio für die beiden Steinbildhauer Christoph Fischer und Daniel Forster, sie wollten die zunehmend in Vergessenheit geratene Tradition der Feldkreuze wiederbeleben. Im März 2020 begann die Corona-Pandemie und es reifte die Idee, ein Steinkreuz, an dem sie gerade arbeiteten, der Pandemie zu widmen. Der Preis ist mit 1.000 € dotiert. Sie recherchierten und fanden die „Heilige Corona“, Schutzpatronin gegen Seuchen! Sie lebte im 2. Jahrhundert im Orient und ist als Christin jung hingerichtet worden. Auf welche grausame Art sie zu Tode kam, zeigt der Sockel des Kreuzes – es wurde im April 2022 im Pfarrgarten von Friedingen aufgestellt – jeder kann es betrachten. Schauen Sie sich die detailliert herausgearbeitete Darstellung der Figur an – Corona wurde zwischen zwei Palmen angebundenen – und beim Zurückschnellen derselben grausam in Stücke gerissen…

Laudator Simon Götz interviewte Devin Maier, er wollte wissen, wie man als junger Mann dazu kommt, einen Lyrik-Band zu veröffentlichen; der da heißt „WETTER. Oder wenn ihr das lest, stehe ich noch im Regen.“ Der Preis ist mit 1.000 € dotiert. Devin Maier zeigte sich in dem Gespräch nicht nur als Autor; er hat auch längst die Bühne für sich entdeckt und ist in der Theater-AG des Friedrich-Wöhler-Gymnasiums aktiv – aktuell ist er sogar als Regieassistent beim Theater Konstanz dabei. Devin Maier setzte sich auf die Bühne und las aus seinen Manuskriptblättern vor: “Ich will Menschen treffen, beim Warten – ich liebe meinen kleinen Kosmos…“

Dann begann ein Stühle-Rücken direkt vor der Bühne, damit die jungen MusikerInnen ihre Plätze dort einnehmen konnten.

Und nun folgte der fantastische FGW-Chor mit seiner Ouvertüre, die Laudatorin
Angelika Berner-Assfalg hatte den längsten Text zum Musical „meilen.steine“ im Wechsel mit diversen Szenen zu bewältigen… Uraufgeführt wurde das Musical zum 50. Schuljubiläum des Friedrich-Wöhler-Gymnasiums, Mitte Juli 2022!! Die Preisübergabe in Höhe von 2.500 € wurde für die Gesamt-Regie an Nicola Frisch überreicht.

Der gemeinsame WIR-Song als Abschluss des fantastischen Abends sorgte bei den geschätzt 800 Zuschauern für einen Gänsehauteffekt …!!

Ursula Graf-Boos sprach das Schlusswort, der Abend endete mit einem Gemeinschaftsbild aller Mitwirkenden…

Wer die Entstehungsgeschichte des Musicals nicht kennt, und am Abend der Verleihung auch nicht dabei sein konnte, für denjenigen hier eine kleine Zusammefassung:

Kulturpreis 2022, Dotierung EUR 2500.-
Laudatio für „meilen.steine“ Musical des Friedrich-Wöhler-Gymnasiums, Singen
Laudatorin Angelika Berner-Assfalg

Meilen.steine – unter diesem Motto feierte das Friedrich-Wöhler-Gymnasium dieses Jahr im Juli sein 50jähriges Schuljubiläum!

Bis 1972 gab es in Singen am Htwl, damals eine aufstrebende und schnell wachsende Stadt, nur das alt-ehrwürdige Hegau-Gymnasium, das aus allen Nähten platzte. Die große Zahl an Schülerinnen und Schülern war nur mit zusätzlichen Räumen und Schichtunterricht zu bewältigen. Ein zweites Gymnasium war überfällig und so wechselten 24 Kollegen/Innen, die mehrheitlich der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft angehörten, an das große, moderne Friedrich-Wöhler-Gymnsium mit seinem aufgeschlossenen, motivierten und jungen Kollegium. Eine von ihnen war Renate, die hier mit ihrer Enkelin Em gerade ein altes Jahrbuch vom Friwö anschaut.
Der Zeitpunkt der Gründung und die äußeren Umstände trugen maßgeblich zum Selbstverständnis des jungen Friwös bei. Eine Schule, gegründet in einer Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs, eine Schule, die sich die Themen Demokratie und Menschlichkeit auf die Fahne schreiben wird….
Die Lehrkräfte wollten die Chance nutzen, neue pädagogische Wege zu beschreiten und trafen sich in ihrer Freizeit, um ein Konzept für das Friwö zu entwickeln.
Wie sollte nun ein Jubiläumsabend aussehen, der diesen „Friwö-Geist“, wie er von Anfang an bezeichnet wurde, auf den Punkt brachte?
Die Vielfalt an AGs brachte es mit sich, dass die Verantwortlichen recht schnell auf die Idee eines Musik-Theater-Stückes kamen. Es sollte eine Zeitreise werden, bei der die Entstehung der Schule als Meilenstein gesetzt war, alle übrigen Themen aber von den Schüler/Innen erarbeitet werden sollten.
Bereits 2019 wurde eine AG gegründet, die das Textbuch entwickeln sollte. Mitten in der Themenfindung brach Corona aus und brachte die ganze Welt ins Stocken. Eine Zeitenwende begann, für alle, mit Lockdown, Masken, geschlossenen Schulen. Erstmals erfolgte online Unterricht, eine riesige Herausforderung in jeglicher Hinsicht für alle Beteiligten, ganz besonders schlimm natürlich für unsere Kinder.

Oft sind es Zufälle, die einen Stein ins Rollen bringen und in unserem Fall waren es die schrecklichen Vorkommnisse um die Ermordung von George Floyd im Mai 2020 in den Vereinigten Staaten und die Rede von Martin Luther King, die aus diesem Anlass ausgestrahlt wurde – „ Ich habe einen Traum…“
Das war die zündende Idee – nämlich: welche Träume träumen eigentlich unsere Schüler/Innen?!
So wurde die Schülerschaft aufgefordert, Träume und Visionen aufzuschreiben und an die Textbuch-AG weiter zu leiten. Daraus entwickelten sich 5 Schwerpunkte:
1. Entstehung der Schule, dieser Meilenstein war gesetzt
2. der Traum von Toleranz, Respekt, gegenseitigem Vertrauen
3. der Alptraum von Krieg, Verfolgung, Flucht und damit der Traum von Frieden
4. das große Thema Umwelt, Fridays for future
5. und zum Schluss – Zukunftsvisionen für eine Schule von morgen
Damit waren die Meilensteine gelegt, die nun mit Leben, d.h. mit Texten gefüllt werden mussten, alles während Corona. Orchester-oder Chorproben waren untersagt. Eine kleine Gruppe um Nicola Fritsch, die die Theater-AG seit Jahren leitet, machte sich online an die Arbeit, der Jubiläumsabend Juli 2022 stand fest.
Eine der ersten Szenen, die schon 2020 entstand und fast unverändert in das finale Textbuch übernommen wurde, basiert auf dem Bild und einem Text, die von zwei Schülerinnen eingereicht wurden, die Krieg und Flucht selbst erlebt haben.
Unglaublich berührend und aufrüttelnd, mit klarer Sprache wurden die verschiedenen Träume in Szene gesetzt. Das hinterließ Betroffenheit bei den Zuschauern, da liefen Tränen der Ergriffenheit über manche Wangen. Nicht nur beim Thema Flucht, neben Afghanistan und Syrien inzwischen hochaktuell durch den schrecklichen Krieg in der Ukraine. Auch das Thema „ Mobbing an Schulen“ wurde so plastisch rübergebracht, dass einem der Atem stockte…. Wohlbemerkt stammen alle Texte aus Schülerhand! Es waren teilweise sehr emotionale Darstellungen, die einem echt unter die Haut gingen.
Der rote Faden, der sich durch das ganze Stück zog, waren die Gespräche zwischen Em, einer Schülerin der jetzigen Generation, mit ihrer Oma Renate. Em voller Zweifel, Wut, Enttäuschung, Hoffnungslosigkeit, aber eben auch voller Träume und Visionen. Auf der anderen Seite ihre verständige Oma, seinerzeit 1972 engagierte Junglehrerin am Friwö. Sie versteht ihre Enkelin, hört ihr zu, fängt sie immer wieder auf, hat sie doch selbst damals all diese Zweifel und Umbrüche miterlebt. Aber sie hat die Hoffnung und Zuversicht nicht verloren und ermuntert Em immer wieder, an ihren Träumen fest zu halten.
„ Wenn einer alleine träumt, ist es nur ein Traum. Wenn viele gemeinsam träumen, dann ist das der Beginn. Der Beginn einer neuen Wirklichkeit“…. Wir haben es zu Beginn in der Ouvertüre gehört.

Erst im Schuljahr 21/ 22, konnte die Theater- AG wieder in Präsenz aktiv werden und das finale Textbuch schreiben. Die Musik, die Vertonung ganz vieler Texte stammt aus der Feder von Wolfgang Gentner, einem externen Musikpädagogen und Komponisten, der sich mit sehr viel Kreativität und Einfühlungsvermögen verschiedene musikalische Stilrichtungen ausdachte und so dazu beitrug, dass die Aufführung so kurzweilig und abwechslungsreich wurde. Natürlich war dies für Chor und Orchester in der Kürze der Zeit eine riesige Herausforderung, aber unter der bewährten Leitung von Monika Blaser-Eppler und ihren Kollegen musste es einfach zum Erfolg führen!
Außer dem gesprochenen Wort, dem Chorgesang, dem Orchester, den Soli und den Raps gab es auch Einlagen der Tanz-AG, der Zirkus-AG und den Theatätern (Theater-AG der Unterstufe). Rund 200 Schüler/Innen galt es zu koordinieren, zu trainieren und bei Laune zu halten.
Dazu Kostüme, Maske, Bühnenbild, Aufbau, Abbau, alles sollte reibungslos und flüssig ablaufen.
Erst zwei Wochen vor der Aufführung in der Stadthalle fuhren die Ensembles der Mittel-und Oberstufe für 4 Tage ins Allgäu – wo sie erstmalig gemeinsam probten – unter der Gesamtregie von Nicola Fritsch, die quasi als Motor des Jubiläumsprojekts aller Widrigkeiten zum Trotz nie am Erfolg der Musical Company zweifelte.
Ich bringe es auf den Punkt – es waren letztendlich zwei fulminante, total beeindruckende Darbietungen, grandios gespielt, mit hinreisender Musik vom Rap bis zum Geigensolo. Dokumentiert von einer engagierten Fotogruppe.
Dass der ganz normale Schulalltag die ganze Zeit nebenher lief mit Prüfungen und Abitur, sei nur am Rande erwähnt. Alles musste trotz und während der Ausnahmesituation durch Corona gestemmt werden. Friwö-Geist in Reinkultur!
„Es war eine Chance, um aus der Pandemie-Starre heraus zu wachsen“, meinte die Schulleiterin Sabine Beck im Gespräch, „es war einfach wohltuend, endlich wieder Gemeinschaft zu genießen und zu erleben“. Und es war genau diese Gemeinschaft, die der Musical Company die Kraft gab, dieses ambitionierte Projekt unter derart schwierigen Bedingungen so erfolgreich auf die Bühne zu bringen.

Dieser Theaterabend war sicherlich ein riesiger unvergesslicher Meilenstein im Leben aller Beteiligten aber auch in der 50jährigen Geschichte dieser Schule. Ein Kulturpreis in Höhe von Euro 2.500.- erschien uns mehr als angebracht!

Vielen herzlichen Dank an alle Beteiligten, es war ein wunderbarer Abend – wohl einer der außergewöhnlichsten im gesamtan Jahreskreis…. deshalb haben wir zahlreiche Fotos und ausführliche Textstellen dazu gesetzt….
Roswitha Bosch M.A., Herausgeberin des Monats-Magazins TV3 & KULTUR und einiger anderer Verlagsprodukte
47 Fotos: © Roswitha Bosch

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