Monika Bieg:

„Ein kooperativer, fairer und respektvoller Umgang miteinander ist mir sehr wichtig…“

 

TV3: Die obligatorischen 100 Tage, die Politikern nach der Wahl zugestanden werden, um ihr neues Umfeld kennen zu lernen und sich in ihrem neuen Aufgabenbereich zurecht zu finden, haben Sie bereits hinter sich. Seit wann sind Sie Leiterin der Städtischen Bibliotheken in Singen?
MB: Etwas mehr als ein halbes Jahr, seit dem 01. April 2017, um genau zu sein.

TV3: Sie haben ein großes Team an Mitarbeitern, wie das Foto zeigt. Wieviele sind es insgesamt und haben Sie auch an ihrem früheren Wirkungskreis mit einem so großen Team gearbeitet??
MB: Es sind in Summe knapp 20 Kolleginnen und Kollegen, was in etwa der Mannschaftsstärke entspricht, mit der ich auch in meiner vorherigen Tätigkeit als Teamleiterin bei einem großen Automobilkonzern zusammengearbeitet habe.

TV3: Auffallend ist, dass sie ein sehr gutes, fast freundschaftliches Verhältnis mit ihren Mitarbeitern haben. Liegt Ihnen die Teamarbeit oder sind Sie eher eine Einzelkämpferin und mussten Sie sich auf diese Vielzahl erst einstellen?
MB: Ich schätze, ich bin beides: Teamplayer und Einzelkämpferin. Im beruflichen Alltag gibt es immer wieder Situationen, in dem man entweder das eine, das andere oder eben eine Mischung aus beidem sein muss. Aber Sie haben schon ganz richtig erkannt: Ein kooperativer, fairer und respektvoller Umgang miteinander ist mir sehr wichtig.

TV3: Haben Sie schon immer mit Literatur bzw. mit Büchern zu tun gehabt? Was genau haben Sie vor ihrer Leitungsaufgabe bei der Stadtbücherei Singen gemacht?
MB: Das Lesen und die Literatur begleiten mich schon sehr lange, auch wenn sie nie mein Lebensinhalt waren. Ich habe Rhetorik, Linguistik und Literaturwissenschaften studiert und später noch ein bibliothekswissenschaftliches Zusatzstudium absolviert. Das habe ich eigentlich mit dem Ziel getan, einmal eine Bibliothek zu leiten. Meine berufliche Laufbahn hat dann allerdings eine etwas andere Wendung genommen und ich war viele Jahre bei einem großen Stuttgarter Automobilkonzern gemeinsam mit meinem Team für die weltweite digitale Informationsversorgung zuständig. Da ging es dann um Lizenzierung und unternehmensweite Bereitstellung von Prognosedaten, Patenten, Analysen, Studien oder Wettbewerberinformationen – nicht um Literatur und Bücher.

TV3: Und wie sind Sie zu ihrer jetzigen Position gekommen?? Gab es da ein kompliziertes Auswahlverfahren?
MB: Nein, als besonders kompliziert empfand ich es nicht. Die Runde, der man sich als Bewerber beim Vorstellungsgespräch gegenübersah, war allerdings verhältnismäßig groß. Neben dem Oberbürgermeister und der Kulturamtsleiterin waren Vertreter aus fast allen Fraktionen und dem Personalrat dabei, außerdem Barbara Grieshaber, meine Vorgängerin. Alle haben Fragen aus ihren verschiedenen Blickwinkeln gestellt und nach einer weiteren Vorstellungsrunde fiel die Wahl am Ende auf mich.

Die Leiterin der Städtischen Bibliotheken, Monika Bieg, mit ihrem Stammteam.

TV3: Vielleicht erklären Sie unseren Lesern, was an einem normalen Arbeitstag zu tun ist?
MB: Einen standardmäßigen normalen Arbeitstag kenne ich eigentlich gar nicht. Was an einem Tag zu tun ist, hängt immer davon ab, was gerade auf der Agenda steht. Wenn ich etwa in der Planung für das deutsch-schweizerische Literaturfestival „Erzählzeit“ stecke, arbeite mich durch Verlagskataloge und Buchrezensionen, spreche mit Autoren und Agenturen, verhandle Konditionen und terminiere Veranstaltungen. An anderen Tagen steht eher die bibliotheksadministrative Arbeit im Vordergrund. Dann plane ich beispielsweise den Etat, mache Dienstpläne, prüfe Rechnungen oder kümmere mich um den Bestandsaufbau. Außerdem gilt es Lesungen zu moderieren und zu betreuen, Nutzer zu beraten, Bewerbungsunterlagen zu sichten und Mitarbeitergespräche zu führen. Langweilig wird es mir jedenfalls nie.

TV3: Was machen Sie in ihrer Freizeit? Da werden Sie sich bestimmt nicht in eine Sofaecke verkriechen und Bücher lesen, oder??
MB: Tja, doch. Oder zumindest auch. Meistens sitze ich aber nicht allein auf dem Sofa, sondern lese meinen drei Kindern vor. Die drei sind auch meist diejenigen, die bei der sonstigen Freizeitgestaltung den Ton angeben.

TV3: Wenn Sie jetzt vier Wochen Urlaub am Stück hätten, wo liegt ihr Traumland oder ihr Traumort?
MB: Nach dem Abitur und während meines ersten Studiums bin ich ziemlich viel in der Welt herumgereist. Am meisten sind mir die südamerikanischen Länder wie Kolumbien, Ecuador, Guyana und Venezuela in Erinnerung geblieben. Nicht nur wegen der atemberaubenden Landschaften, sondern vor allem wegen der unglaublichen Warmherzigkeit der Menschen dort. Am eindrücklichsten fand ich das Orinoco-Delta mit seiner grandiosen Dschungellandschaft und artenreichen Pflanzen- und Tierwelt. Da würde ich jederzeit wieder hingehen. Aber mein Sofa finde ich mittlerweile eigentlich auch ganz reizvoll.

TV3: Auf einem Foto habe ich Sie mit einem großformatigen Bildband zu Bob Dylan in Erinnerung. Er hat den Nobelpreis für Literatur erhalten. Fanden Sie persönlich das richtig?
MB: In seiner Dankesrede sagte Bob Dylan ja selbst „songs are unlike literature. They’re meant to be sung, not read“ und bat darum, seine Texte in der ihr zugedachten Form zu hören. Nämlich auf Platte oder auf seinen Konzerten. Wenn Bob Dylan seine Lyrics schon selbst nicht als Literatur bezeichnet, möchte ich ihm da auch nicht widersprechen. Oder mit anderen Worten: Nein, ich fand diese Entscheidung nicht richtig. Vor allem, wenn man sich vor Augen hält, wer alles den Literaturnobelpreis nicht bekommen hat: Tolstoi, Proust, Joyce oder Brecht, um nur einige wenige zu nennen.

TV3: Mögen Sie seine Musik oder wo liegen da ihre musikalischen Prioritäten??
MB: Ich habe eine recht umfangreiche Platten- und CD-Sammlung. Bob Dylan ist allerdings nicht dabei. Meine Prioritäten liegen eher bei Indie-Rock, Alternative, Funk und Soul. Ich liebe aber auch Bach, vor allem seine Vokalmusik.

TV3: Wenn Sie sich von außen betrachten würden, welches sind ihre besonderen Talente??
MB: Schwierig zu beantworten, weil man ja kaum umhinkommt, sich selbst zu loben. Aber ich glaube, was ich ganz gut kann, ist mir relativ schnell einen Überblick über komplexe Sachverhalte und Rahmenbedingungen zu verschaffen, zu bewerten und Entscheidungen zu treffen.

TV3: Und wofür würden Sie sich manchmal kritisieren, oder ist das jetzt zu privat??
MB: Ich würde mich niemals kritisieren, weil ich ja weiß, dass ich keine Kritik vertrage. Kleiner Scherz. Nein, ich vermute, ich würde mich für das Gleiche kritisieren, wofür mich die Menschen in meinem näheren Umfeld auch kritisieren: Ich verfalle in eisernes Schweigen, wenn’s mir zu persönlich wird. Das kann schon ganz schön nerven…

Interview + Fotos: © Roswitha Bosch, TV3

 

Bild 1: Monika Bieg ist seit etwas mehr als einem  halben Jahr Leiterin der Städtischen Bibliotheken –  hier sitzt sie zwischen farbenfrohen Kissen am  gemütlichsten Platz der Stadtbücherei Singen… 

 

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