Farbenfrohe Wände fliegen vorbei, durch die geöffneten Scheiben trägt der Fahrtwind einen bunten Klangteppich ins Taxi: Fetzen von Rembetikomusik aus den Tavernen, von Geigen- oder Gitarrenspielern von der Straße, dazwischen Stimmengewirr, Vogelzwitschern und Hundegebell.

Ziel ist der Exarchion-Platz. Er ist das Herz des wohl buntesten und zugleich grünsten Bezirks der griechischen Metropole. Vor Jahren begannen die Bewohner auf eigene Faust ihr Viertel zu begrünen. Sie rissen das Pflaster und den Asphalt auf und bepflanzten Platz und Gassen des Stadtteils am Fuße des Strefi-Hügels, unweit des Zentrums Athens. Das Ergebnis sprießt heute am Straßenrand und klettert die Hausfassaden empor.

Doch die buntgrüne Idylle, die vielen Tavernen und die ausgelassene Stimmung bei traditioneller Rembetikomusik trügen: Auch am Athener Studentenviertel ist die Krise nicht vorübergegangen. In Eigeninitiative haben Ehrenamtliche, Apotheker und Ärzte eine „Sozialpraxis“ errichtet, in der Menschen ohne Krankenversicherung kostenlos behandelt werden. Schätzungen zu Folge können zwei von fünf Griechen ihre Beiträge nicht bezahlen.

Exarchia trotzt der Krise und das findet sich kunstvoll an den Wänden wieder. Von hier aus begann 1973 der Aufstand gegen die Militärdiktatur und für Demokratie. 23 Studenten des Polytechnio kamen dabei ums Leben. Auch als im Dezember 2008 ein 15-jähriger Schüler von Polizisten erschossen wurde gab es hier tagelange Unruhen, die sich bis ins Bankenviertel Athens fortsetzen. An diesem Abend ist von all dem am Platia Exarchion nichts zu spüren. Einer zupft die Bouzouki und ich träume mich bei einem Espresso in die melancholischen Klänge.

Foto und Text: © Jürgen Weber, Querwege für TV3

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