LINDAU – Mit einem besonderen Geschenk feiert die Stadt Lindau den 100. Geburtstag ihres Bahnhofes auf der Insel: Gemeinsam mit dem Lindauer Lokalhistoriker Karl Schweizer hat das Kulturamt eine Stele gestaltet, die in Wort und Bild von der wechselvollen Geschichte des Lindauer Inselbahnhofes erzählt. Der zweieinhalb Meter hohe Informationsturm wurde heute, Samstag, 15. Januar, von der Lindauer Oberbürgermeistern Dr. Claudia Alfons und Kulturamtsleiter Alexander Warmbrunn eingeweiht.

Direkt an den Gleisen, am sogenannten Querbahnsteig steht nun die Stele und erzählt in vier Kapiteln die Geschichte des Verkehrsknotenpunktes und des Bauwerks. Sie erinnert dabei auch an die Schicksale der vielen Reisenden, die hier ankamen, aufbrachen oder den Zug gewechselt haben. Seit hundert Jahren bietet das Gebäude, das Elemente vom Historismus bis zum Jugendstil aufweist, hierfür die Kulisse.

Im Jahr 1913 war mit den Bauarbeiten für den neuen Inselbahnhof begonnen worden. Das bestehende Gebäude (aus dem Jahr 1854) war in die Jahre gekommen: zu klein, zu unansehnlich. Der erste Weltkrieg verzögerte die Fertigstellung noch einmal, aber schließlich, nachdem im Dezember 1921 der Fahrkartenschalter und die Gepäckabfertigung in Betrieb gegangen waren, konnte am 15. Januar 1922 auch die Bahnhofsgaststätte mit einem Starkbieranstich eröffnet werden. Gefeiert wurde ein Bauwerk, das in direkter Nähe zum Lindauer Hafen steht, ein Bahnhof, der über einen Damm mit dem Festland verbunden ist, im Dreiländereck liegt und in seiner Ausstattung und Ausstrahlung weit über die Dimensionen eines Kleinstadtbahnhofes hinaus geht.

Doch so strahlend und beeindruckend das Gebäude, so finster und traurig waren die Geschichten, die schon bald geschrieben wurden: Zu den dunkelsten Kapiteln gehören dabei die Erinnerungen an die dreißiger Jahre, als (ab 1933) beispielweise vom NS-Regime verfolgte Menschen zunehmend auch über Lindau in die Schweiz fliehen mussten. Gleichzeitig wurden Häftlinge über den Lindauer Inselbahnhof in das Konzentrationslager nach Dachau transportiert. Mit Beginn des zweiten Weltkrieges wurde der Bahnhof immer häufiger Schauplatz von Szenen, wenn einberufene Soldaten sich in den Krieg verabschieden mussten oder Verletzte heimkehrten.

Nach 1945 konnte sich endlich wieder ein lebendiges Reisegeschehen entfalten. Einen besonderen Höhepunkt erlebten die Lindauer, als im Juli 1954 die frischgebackene westdeutsche Fußballweltmeister-Mannschaft direkt nach dem „Wunder von Bern“ mit dem Sonderzug aus der Schweiz nach Lindau kam und hier auch übernachtete.

In den kommenden Jahrzehnten entwickelte sich der Lindauer Inselbahnhof zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt, bis zu acht Züge aus Nah und Fern standen teilweise gleichzeitig nebeneinander auf den Gleisen und verbanden die Inselstadt nicht nur mit der Region sondern auch mit Zürich, München oder Kiel und verschafften dem Bahnhof so eine überregionale Bedeutung.

Heute ist es ruhiger geworden, am Lindauer Inselbahnhof. 2020/21 wurde der Fernverkehr auf das Festland verlegt, nur noch die Regionalzüge fahren die Insel an. Es gibt unterschiedliche Pläne, darunter auch den, die Gleise 100 Meter vor dem Bahnhofsgebäude enden zu lassen. Seinen Charme und seine Ausstrahlung hat das denkmalgeschützte Gebäude aber nicht verloren und so darf man gespannt sein, welche Geschichten die nächsten hundert Jahre schreiben werden, vor der Kulisse des Lindauer Inselbahnhofes.

Kulturamt Lindau – Pressemitteilung – 15. Januar 2020

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